Freitag, 16. Dezember 2011

Gottschalk live.

Gute Nacht, es war eine tolle Zeit, auf Wiedersehen.“
Thomas Gottschalks Abschiedsworte klangen so unprätentiös wie der gesamte Abend seiner letzten „Wetten, dass?“ Sendung. Ohne großes Überraschungsmoment plätscherte die Show ihrem Ende entgegen. Spannungsbogen Fehlanzeige. In Erinnerung bleiben der funkelnd kitschige Abschiedsbanner sowie Andrea Kiewels Tränen, die sie in Gedanken an einen historischen Abschied nicht zurückhalten konnte.  Tränen, die dem ZDF dank eines schaurig schönen Marktanteils von 46% bitter über die Wange rollen.

Man könnte das Format  von „Wetten, dass?“ als redundanten Unterhaltungstrash bezeichnen. Redundanter Unterhaltungstrash, der nicht sein muss, aber ist, weil er sich seit langem bewährt.
Der zeitweise kurzweilig atmet und des Henkers kalte Schlinge im Nacken spürt.
„Wetten, dass?“ ist dessen gelebte Verkörperung. Traditionelle Geschlechterverhältnisse und stereotype Attributisierungen treffen auf Justin Bieber &Co. Plakathochhaltende Groupies gesellen sich zu feinzwirniegen Altherrenbünden. Das ist insofern redundante Unterhaltung als RTL und Co ähnliche Formate senden und der Zuschauer bereits nach mehr als einer Stunde merkt, dass er nach musikalischer (Meatloaf-Medley) wie verbaler Beschallung (Couchtalking) in einen somnambulen Geisteszustand verfällt. Vom Trashbegriff einmal abgesehen.

Die Qualität einer auf Massenkompatibilität ausgerichteten Sendung hängt zu einem großen Teil von ihrem Moderator ab. Thomas Gottschalks Beliebtheit war das Ergebnis einer ironisch-frechen Art, die ihm – nicht zuletzt aufgrund seiner Optik  -  einen Wiedererkennungswert verschaffte. Umso einleuchtender ist es, dass das ZDF Hape Kerkeling als Gottschalk Nachfolger anheuern wollte. Gilt Kerkeling doch als Publikumsmagnet, der einen Zuschauersaal spielerisch in die Hand nehmen kann. Günter Jauchs Selbsteinbringung in die Moderatorendiskussion kann man da schon als süffisante Anspielung auf das ZDF bezeichnen. Denn das Zweite Deutsche Fernsehen krebst seit Wochen durch die Moderatorenlandschaft um einen geeigneten Gottschalknachfolger zu finden. Status bis heute: Moderator = Unbekannt.

Der Abschied ist für das ZDF weitaus folgenreicher als für Thomas Gottschalk.
Ab dem 23. Januar sendet er für die ARD „Gottschalk live“, eine 30-minütige Show, die den Vorabend der ARD aus dem Quotentief holen soll. Ein Format zwischen dem FAZ-Feuilleton und Bauer sucht Frau strebe er an. An Erregung mangele es bei den Öffentlich-Rechtlichen, so Gottschalk. Deswegen könne er sich eine Mischung  aus spätem Frühstücksfernsehen und vorgezogener Late Night vorstellen. Präzise ist das nicht. Aber ich freue mich auf 25 Minuten Gottschalk. Und vielleicht gesellen sich Klaas und Kompagnon einmal die Woche dazu. Das wäre ein deutlicher Mehrwert, den die ZDF in puncto „Wetten, dass?“ nicht mehr besitzt.

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