„Wenn ich eine Zauberkugel hätte, würde ich sie nutzen“, sagte Joschka Fischer jüngst in einer Diskussionsrunde. „Denn ich weiß nicht, wie sich die Piraten entwickeln werden.“
Die Piraten.
Nach dem Wahlerfolg in Berlin ziehen sie nun ins saarländische Parlament ein. 7,6 Prozent
bringen ihnen vier Sitze, das sind mehr Sitze als Grüne und FDP zusammen vereinen können. Trotz des
Wahlerfolgs für CDU und SPD, die sich bereits vor der Wahl für eine große
Koalition ausgesprochen hatten, fokussiert sich der mediale Sturm auf die
Piratenpartei.
Einige
sprechen von einem Trend, der anhand der beiden Landtagswahlen zu erkennen sei:
Die Piraten werden ebenso bei den anstehenden Landtagswahlen in Schleswig-Holstein
und Nordrhein-Westfalen ins Parlament kommen. Begründung: Sie treffen den Nerv
der Zeit.
Als sich die
Partei 2006 in Deutschland gründete, dachten SPD und Co nicht, dass jene (gern
firmierte) Protestpartei fünf Jahre später die Politiklandschaft durcheinander
rütteln würde. Heute spricht Andrea Nahles von einem Coolness-Faktor, welchen
die Piraten ausstrahlen und Bildungsministerin Schavan betont: „Wir wollen
verstehen (...) wie es die Piraten schaffen, Menschen zu überzeugen, die für
die etablierten Parteien verloren sind.“
Deutlich
wird: Die Piraten brechen die zementierte Politik, bedienen sich Lückenthemen,
sie entpersonalisieren das politische Tagesgeschehen. Nicht umsonst werben sie
auf Plakaten für den „Schwarmverstand.“ Sie rücken das Kollektiv in den
Vordergrund und zeigen: Hier gibt es politische Diskurse- abseits von
Hierarchien. Den Piraten geht es um politische Transparenz und Partizipation.
Demokratie soll gelebt, mitbestimmt werden. Liquid Democracy ist hier das
Stichwort.
Diese offene
und basisdemokratische Kommunikation macht die Attraktivität der Piraten aus.
Sie ausschließlich als Protestpartei zu verstehen, wäre falsch. Mag sie für
einige Wählerschichten als Protestpartei fungieren, definiert sie sich selbst
als Bürgerrechtspartei mit politisch-programmatischem Anspruch. Das spüren auch
die großen und kleinen Volksparteien. Über 8000 Nicht-WählerInnen machten ihr
Kreuz für die Piraten bei der Saarlandwahl, von CDU und SPD gingen knapp 7000
Stimmen an die netzaffine Partei.
Ob sich die
Piraten bei der Bundestagswahl 2013 auch
auf Bundesebene etablieren können, bleibt abzuwarten. Sicher ist, sie stehen
jetzt schon für einen Paradigmenwechsel in der Politik. Durch ihre
partizipierende Politik, ihr digitales Demokratieverständnis sowie die daraus
folgende Machtverschiebung machen sie die Teilhabe am demokratischen Prozess
für viele BürgerInnen schmackhaft. Das schmälern auch nicht die enge
thematische Ausrichtung auf der einen und die von FDP Politiker Döring
konstatierte „Tyrannei der Massen“ auf der anderen Seite.
Ob Christian
Lindners Präsenz den Wählerschwund der FDP in Nordrhein-Westfalen minimieren
kann? Dazu braucht es keine Zauberkugel.
Wenn die Piraten einen taktisch klugen Wahlkampf machen, dann schon. Es bleibt
dabei: Zuhören und Mitdenken- und dem Projekt
„digitale Demokratie“ beim Werden zusehen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen